Gestern titelte die Tagesschau unter dem Thema "Haushaltsausschuss verabschiedet Etat 2015" Die Opposition sieht schwarz https://www.tagesschau.de/inland/etatentwurf-105.html Darin wird der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs zitiert: "Es gibt immer gute Gründe, warum man einem Menschen erzählt, dass man Schulden machen sollte, um irgendetwas zu tun. Ich glaube im Kern: Wenn die wirtschaftliche Lage so ist, wenn vor allen Dingen die Steuereinnahmen so sind, dann ist es auch die Pflicht der Politik, dafür zu sorgen, dass man keine neuen Schulden macht."
Im Text wird auch mit dem Thema Generationengerechtigkeit argumentiert, welches in den Kommentaren eifrig und emotional diskutiert wird. Schliesslich würden wir ja all die Schulden unseren Kindern hinterlassen.
Mein Standpunkt zu diesem Thema: Es ist schon unglaublich wie wenig Sachverstand in der Spitzenpolitik vorhanden ist. Nicht nur dass die Wirtschaftspoltik aufgrund dieser vollkommen irrigen Annahme aufgebaut ist, sondern auch dass diese Meinung über eine Volkswirtschaft einfach ohne Sinn und Verstand durch unserer Medien verbreitet wird, versetzt mich jedesmal in Erschütterung. Die meisten Bürger schenken dem auch noch uneingeschränkt glauben. Wenn jeder an den Osterhasen glaubt, dann muss es ihn doch tatsächlich geben, oder?
Schon allein die Aussage, dass die Schulden des Staates an die nächste Generation weitergegeben wird, zeigt wie wenig solche Spitzenpolitiker von einer Volkswirtschaft verstehen. Nämlich Nix. Denn eine Volkswirtschaft ist keine Betriebswirtschaft. Erstaunlich wie oft dies verwechselt wird. Ebenso erstaunlich, dass Herr Kahrs anscheinden überhaupt keine Ahnung dessen hat, was Schulden eigentlich sind. Eine Schuld ist das Guthaben eines anderen. In der gesamten Volkswirtschaft sind die Schulden genauso groß wie das Guthaben. Wenn der Staat im Namen seiner Bürger Schulden macht, profitiert immer jemand anderes davon. In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist der Saldo aller Konten der VWL nämlich immer NULL. Dann muss man sich fragen wer an der Stelle des Staates dafür Schulden machen soll. Denn einer muss immer Schulden machen. Wer soll es denn sein? Private Haushalte, Unternehmen, Finanzsektor oder das Ausland? Wenn der Staat keine Schulden macht muss doch definiert werden auf welches andere Konto der eben genannten Konten der VGR die Schulden dafür auflaufen sollen. Wieso fragt nie jemand danach? Dann müssten sie nämlich ganz anders argumentieren. Im Moment ist es so, dass per Saldo die privaten Haushalte keine Schulden machen, die Unternehmen nicht und auch der Finanzsektor nicht. Es verbleiben nur noch der Staat und das Ausland. Da der Staat ja nun auch keine Schulden machen soll bleibt wohl nur noch das Ausland. Aber oh weh, wir zwingen ja dem Ausland auf, dass diese auch keine Schulden mehr machen sollen.
Das ganze Konstrukt funktioniert nicht, weil Menschen entscheiden, die dazu überhaupt keine Ahnung haben.
Vor dem Hintergrund, dass der Saldo einer Volkswirtschaft immer Null ist. Also Guthaben und Schulden sich in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung genau aufheben, ist es ebenso unsinnig zu behaupten, dass wir der nächsten Generation unsere Schulden weitervererben. Ein absoluter Blödsinn. Denn die nächste Generation "übernimmt" ja die ganze Volkswirtschaft. Mit all seinen Schulden und auch mit all seinen Guthaben. In Saldo Null. Daher ist diese ganze Argumentationskette nicht nur vollkommener Blödsinn sondern auch höchst gefährlich.
Wenn die Bügerinnen und Bürger nur diese Zusammenhänge verstehen würden, glaube ich, könnten sich solche Politiker nicht mehr in den Ämtern halten. Sie würden wohl davongejagt werden. Aber das passiert nicht, weil die gesamte herrschende ökonomische Lehre aus einer Menge neoklassischer Irrtümer basiert. Und damit wird nicht nur unsere Volkswirtschaft massiv darunter zu leiden haben, sondern auch alle anderen Volkswirtschaften in der EU. Die Gefahr ist durchaus gegeben, dass wir Frankreich für den Euro velieren werden, der Euro dann zusammenbricht und es einen Handelskrieg der EU Staaten geben wird. Wir wollen hoffen, dass es ein Handelskrieg bleiben wird.
Passend dazu der Beitrag aus dem letzten Mutbürger "Propaganda mit den „bösen“ Schulden"
Öffentliche Schulden belasten die zukünftigen Generationen. So oder so ähnlich wird Notwendigkeit einer Schuldenbremse und dass der Staat dringend sparen müsste stets begründet. Gleichzeitig soll die Botschaft vermittelt werden, dass Schulden etwas schlechtes seien.
Eine Zukunft ohne Schulden ist das erklärte Ziel. Man könnte stattdessen auch fordern „Zukunft ohne Investitionen“. Denn wenn es keine Schulden gibt, gibt es auch keine Ersparnisse, und wenn es keine Ersparnisse gibt, gibt es keine Investitionen in die Zukunft. Warum also wollen konservative Politiker den Kindern eine Welt hinterlassen, in der nicht investiert werden kann, um die Welt für unsere Kinder lebenswerter machen? Nur weil dies am Stammtisch gut ankommt?
Aber die Summe aller Schulden ist zu jedem Zeitpunkt genauso groß wie die Summe aller Guthaben, und wenn die Schulden wachsen, wachsen die Guthaben im Gleichschritt mit.
"Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein: hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen."