Gelegentlich habe ich Zeit, meine Zeitungsstapel abzuarbeiten, dann lese ich Artikel, die ich beiseite gelegt habe. Z.B. den aus der FAZ vom 12. Nov. 2018 unter der Überschrift:
„Im Giftschrank der Geschichte“
Der Giftschrank der Geschichte steht, lerne ich, im Arbeitszimmer des Präsidenten der Ärztekammer Hamburg. Der Inhalt: Meldungen an den Reichsärzteführer mit Namen und Adressen jüdischer Ärzte, denen die Approbation aberkannt worden war. „Schon 1933 war jüdischen und „andersdenkenden“ Ärzten, etwa Kommunisten, die Kassenarztzulassung entzogen worden. Systematisch seien Sie zur Ausreise gezwungen worden.“ Anfang der dreißiger Jahre waren 1% der deutschen Bevölkerung Juden, der Anteil der Juden in der deutschen Ärzteschaft betrug 16%. Die Anzahl „andersdenkender“ Ärzte in diesem Zeitraum, die Dank des Reichsärzteführers nicht mehr praktizieren durften, ist mir leider nicht bekannt. Die Zeit des 3. Reiches muss das Goldene Zeitalter der ärztlichen Versorgung der deutschen Bevölkerung gewesen sein, wenn man bedenkt, wie problematisch die ärztliche Versorgung heute ist. Damals konnte ein nationalsozialistisches Deutschland locker auf mehr als 16% seiner Ärzte verzichten, heute arbeiten wieder Kommunisten und „Ausländer“ (51000 von insgesamt 385000 im Jahr 2017, d.h etwa 13%) im Reich der „ über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ als Ärzte. Nur in Unkenntnis dieser Zahlen konnte Herr Gauland von der AfD diese Zeit als „ nur ein Vogelschiss in über (!) 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ bezeichnen. Und so lese ich zu meinem Bedauern in der heutigen Ausgabe der Odenwälder Zeitung, dass Herr Gauland straffrei für diese Äußerung ausgegangen ist. Zumindest hätte er zur Strafe über 1000 mal schreiben müssen: In der Zeit des deutschen Vogelschisses gab es nicht nur Beschissenes, es gab auch Autobahnen, die Reiter HJ und eine opulente ärztliche Versorgung! Und das natürlich in Sütterlin.
Jörg Maletz
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Mark Twain
--- Jörg Maletz ist Sprecher des Vereins "Demokratisches Bürgerforum Überwald" ---