Bei solchen Themen kommen immer wieder Emotionen hoch, die jedoch etwas hinderlich sind die Situation nüchtern zu betrachten. Ich sehe das ähnlich wie Christiane Hennrich und möchte dazu meinen Standpunkt aus Sicht der Ökonomie darstellen. Es geht bei dieser Diskussion, jedenfalls so wie von Frau Hennrich geführt, nicht darum Ehrenämter zu verbieten oder engagierte Menschen nicht mehr zu erlauben ein Ehrenamt auszuführen. Das Ehrenamt gibt es schon sehr lange und hat meiner Meinung nach natürlich auch seinen Sinn. Durch die Aufnahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit kann sich der Bürger einer gemeinschaftlichen Tätigkeit hingeben, in Kontakt mit anderen Menschen treten und vielleicht auch da tätig werden wo es aus wirtschaftlichen Gründen nicht viel Sinn ergeben würde feste Beschäftigte einzustellen.
Vor kurzem war die Stadt Essen in den Medien weil sie nach dem Amsterdamer Vorbild Obdachlose putzen lassen will und mit Bier und Zigaretten bezahlen will. Jetzt könnten ja die Argumente dafür sein, dass Obdachlose eine sinnvolle Beschäftigung nachgehen und für die Gemeinschaft tätig werden, was vorher nicht der Fall gewesen wäre und unterstellt wird. Darüber herrscht aus meiner Sicht in der Öffentlichkeit ein breiter Konsens.
Jetzt müssen wir uns nur mal Folgendes vorstellen: Die Stadt Essen hat offensichtlich einen Bedarf. Dieser Bedarf ist die Sauberhaltung öffentlicher Flächen. Dort wo ein Bedarf ist, wird eine Nachfrage generiert. In diesem Fall nach einer Dienstleistung. Aus mikroökonomischer Sicht könnte man nun der Auffassung sein, dass die Stadt einiges an Geld sparen kann, wenn für ein Bier und eine Schachtel Zigaretten Aufgaben erfüllt werden zu denen die Stadt eine Verpflichtung trägt. Wir wissen ja alle, dass es nahezu jeder Stadt "schlecht" geht.
Wie sieht es aber makroökonomisch aus Sicht einer Volkswirtschaft aus? Die Stadt nimmt den für sie günstigsten Weg um Geld zu sparen und trotzdem ihre Aufgabe zu erledigen. Aber leider besteht eine Volkswirtschaft nicht nur aus dieser Stadt oder dem Staat. Es leben auch Menschen darin ohne die es gar keine Volkswirtschaft gäbe. Diese Menschen produzieren etwas, konsumieren und zahlen Steuern. Mal auf diese Dinge reduziert. Die Stadt Essen müsste für seine Aufgaben Beschäftigte unterhalten, deren Job es ist die Strassen sauber zu halten. Für ihre Tätigkeit bekommen sie einen Lohn. An dieser Stelle ist bei vielen Schluss mit der Vorstellungskraft, wie ich leider oft sehen kann. Was macht denn der Beschäftige mit seinem Lohn? Na, er gibt es doch aus, oder? Wenn er sich Sonntags mal ein Brötchen leisten kann, freut sich der Bäcker. Er bezahlt Steuern und sorgt dafür, dass die Polizei, die Feuerwehr, Straßenbeleuchtung usw. funktionieren kann. Von seinem Geld leben wiederum andere Menschen. Es ist ein Kreislauf.
Die Stadt Essen setzt einmal diese wichtige Tätigkeit entsetzlich herab, in dem sie Kund tut, dass die Arbeit nicht mehr wert ist als eine Flasche Bier und eine Zigarette. Und stört so auch in eklatanter Weise den ökonomischen Kreislauf. Die Kaufkraft der Obdachlosen erhöht sich auch nicht dadurch und mit Sicherheit auch nicht deren Situation. Sie werden sogar damit noch soweit erniedrigt, dass sie von der gesellschaft nicht nur im Stich gelassen sondern auch noch ausgenutzt werden.
So funktioniert weder die Volkswirtschaft noch das menschliche Miteinander. Aber diese Politik ist es die hier leider seit Jahrzehnten betrieben wird. Und dies ist nur ein Sympton einer völlig verkorksten und konzeptlosen Politik. Das Verständnis für solche Zusammenhänge ist weder in der Regierungspoltik vorhanden noch durch die Medien beförderten breiten Bevölkerungsschicht. Leider, denn ich denke, dass viele Menschen, die das anders sehen zwar Gutes wollen, aber dennoch einfach nicht das Wissen haben, solche politischen Dummheiten zu durchschauen.