Eine erster Bewertungsversuch der (vorläufigen) Ergebnisse der Kommunalwahl 2011 in Wald-Michelbach
Wald-Michelbach hat gewählt - GANZ Wald-Michelbach?
Nein, genau die Hälfte der Wahlbevölkerung hat es vorgezogen, ihre Stimme an keine der kandidierenden Parteien und Personen zu vergeben. Sei es, dass man lieber einen Ausflug bei dem schönen Vorfrühlingswetter unternommen hat oder "denen da oben" sowieso nicht traut, da sie ja ohnehin machen was sie wollen und Politiker ja sowieso alle gleich sind, weshalb man die anderen ja auch nicht wählen kann - wie auch immer:
Der Wahlausgang zeigt deutlich, dass die Gemeindepolitik der vergangenen Jahre keine Unterstützung bei der Mehrheit der Wahlberechtigten gefunden hat und die Gemeindevertretung damit weit davon entfernt ist, sich auf eine breite Basis innerhalb der Bevölkerung berufen zu können.
Auch wenn die Wahlbeteiligung mit 3,7 % leicht gegenüber der vorigen Wahl angestiegen ist: Wenn man lediglich 50 % der Wähler dazu bewegen kann seine Stimme abzugeben, ist das ein Armutszeugnis für die etablierten Kräfte im Rathaus, deren mangelnde Zustimmung in der Bevölkerung darüber hinaus durch die Wahlergebnisse offensichtlich wird. Addiert man die Stimmen für alle "Regierungsparteien" (CDUSPDAKBFW) in der Gemeindevertretung Wald-Michelbach, und setzt sie in Beziehung zu den tatsächlich abgegebenen Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 50,0 %, so erreichen diese gemeinsam gerade einmal bescheidene rund 40% - ein beschämender Wert.
Denn dies bedeutet ja im Umkehrschluss, dass weit weniger als die Hälfte der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger den "Wald-Michelbacher Verhältnissen" zustimmen - zu den "schweigenden" 50 % der Nichtwähler kommen aber jetzt immerhin noch rund 10 % der Wahlberechtigten, die mit ihrer Wahl der "Bürger für Wald-Michelbach" (BfW) sowie von B90/Die Grünen deutlich gemacht haben, dass sie sich eine andere Politik für ihre Heimatgemeinde wünschen. Dazu ist nun ein erster Schritt getan: Die Grünen gehen mit 9,5 % der abgegebenen Wählerstimmen deutlich gestärkt in die nächste Gemeindevertretung, und die BfW kommen mit 10 % wie "Phönix aus der Asche" zu einem - zumindest für Wald-Michelbach - geradezu sensationellen Wahlergebnis und stellen damit, wie die Grünen, künftig 4 Gemeindevertreter.
Und noch eines zeigen die Ergebnisse für Wald-Michelbach deutlich: Hier wurde das Votum der Wähler ganz offensichtlich überwiegend von kommunalpolitischen Themen bestimmt. Zwar gewinnen die Grünen auch hier respektable 3,5 % hinzu, profitieren aber nicht in dem Maße wie fast überall andernorts von der Atomdebatte. Die BfW scheint aber, neben der Forderung des Ausbaus alternativer Energie, in besonderem Maße vor allem lokale Themen behandelt zu haben, die die Leute vor Ort beschäftigen - von der Befürchtung, durch den Betrieb - oder gar ein Scheitern - der mit viel Vorschusslorbeeren bedachten Solardraisine könne auf die Bürger noch erhebliche Kosten zukommen, über die undurchsichtigen Geschäfte der IGENA, oder auch einer "Zukunftsoffensive", von der keiner so recht weiß, was sie denn den Bürgern bisher gebracht haben soll, dem Thema der medizinischen Versorgung im Überwald bis hin zum geplanten Ausbau der Kreidacher Höhe zum "Touristenzentrum", das Natur und Landschaft dort stark belasten wird, dessen mittel- und langfristige ökonomische Bedeutung für die Bürger aber kaum ersichtlich ist bzw. sich nur auf einzelne wenige Profiteure beschränken wird, nicht aber der Masse der Bevölkerung oder auch Gewerbetreibenden zu Gute kommt.
Und auch in der Bürgermeisterwahl spiegelt sich das gesunkene Vertrauen der Bevölkerung wider: Die ja schon "traditionelle" große Unterstützung von Joachim Kunkel bei den bisherigen Bürgermeisterwahlen erhielt ebenfalls einen merklichen Dämpfer: Mit 81,6 % der (abgegebenen) Stimmen verteidigt er zwar sein Amt erneut deutlich gegenüber den nicht vorhandenen Mitkonkurrenten, was aber dennoch einem Rückgang von über 10 % gegenüber dem Ergebnis der vorigen Wahl entspricht. Bei einer Wahlbeteiligung von 49,8 % bei der Wahl des Bürgermeisters ergibt das allerdings auch nur eine Zustimmung von knapp 41 % in der Bevölkerung - also ebenfalls bei weitem kein Grund, zu behaupten, die Mehrheit der Bevölkerung stünde hinter allen Entscheidungen des Bürgermeisters!
Allein BfW und Grüne konnten bei dieser Wahl Zugewinne an Stimmen verzeichnen, ALLE anderen Parteien und Wählergruppen, die angetreten waren, mussten z. T. deutliche Verluste hinnehmen: Das ist, neben der Resignation der Hälfte der Wahlbevölkerung, ein mehr als deutliches Zeichen dafür, dass die etablierten Parteien offenbar das Ohr doch nicht so nah am Bürger haben, wie immer behauptet wird. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass der mehr als erbärmliche Versuch seitens des Herrn Maurer von der Affolterbach-Kocherbacher-Bürgervereinigung (AKB), das - parteipolitisch nachweislich unabhängige - Demokratische Bürgerforum Überwald sowie die BfW einfach als linke Gruppierungen zu diffamieren, gründlich misslungen ist: Auch die AKB verliert an Stimmen gegenüber der vorigen Wahl, wenn auch nicht in dem Maße wie CDU und SPD.
Es bleibt nun zu hoffen, dass sich endlich auch mal etwas in der Gemeindevertretung bewegt, und die Bürger künftig früher über anstehende Entscheidungen informiert und vor allem mehr in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Denn auch das haben die zwei Gruppierungen BfW und Grüne im Vorfeld der Wahl immer wieder betont und gefordert: Transparenz und Offenheit sind wichtige Voraussetzungen für politisches Handeln, wenn man das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen und ihre Mitwirkung erreichen will. Und obwohl auch die anderen Parteien vor der Wahl alle die Transparenz plötzlich groß geschrieben haben: Geglaubt wurde ihnen das offenbar nicht. Warum nur?